Was Softwarearchitektur von den Architekten aus dem alten Rom lernen kann

Was hat ein Architekt aus dem antiken Rom mit moderner Softwarearchitektur zu tun? Mehr als du denkst – entdecke die drei Prinzipien von Vitruv für stabile, funktionale und attraktive Systeme.

Schon im alten Rom stellte der Architekt Vitruv (Marcus Vitruvius Pollio) Prinzipien auf, die bis heute gelten – nicht nur im Gebäudebau, sondern auch in der Softwarearchitektur. Seine berühmte Dreieinigkeit – Firmitas, Utilitas und Venustas – beschreibt, was gute Architektur ausmacht: Stabilität, Funktionalität und Attraktivität.

Vitruvs Architekturprinzipien im Bauwesen

Vitruv formulierte zwischen 33 und 22 v. Chr.um 15 v. Chr. sein Werk De architectura, in welchem er postulierte, dass ein Gebäude nur dann als gelungen gelten könne, wenn es drei Anforderungen erfüllt1:

Firmitas – Stabilität:
Ein Bauwerk muss dauerhaft und fest stehen, widerstandsfähig gegenüber Witterung und Belastung sein.
 Beispiel: Die römischen Aquädukte überdauerten Jahrhunderte durch massive Steinbögen und ausgeklügelte Statik.

Utilitas – Zweckmäßigkeit:
Ein Gebäude muss seinem vorgesehenen Zweck dienen – seien es Wohnhäuser, Tempel oder Bäder.
 Beispiel: Das Kolosseum mit seinen 80 Eingängen war so konzipiert, dass über 50.000 Menschen in kürzester Zeit ein- und ausströmen konnten.

Venustas – Schönheit:
Architektur soll auch ästhetisch ansprechend sein und die Sinne ansprechen.
 Beispiel: Die Proportionen des Pantheon basieren auf mathematischer Harmonie, die bis heute als schön empfunden wird.

Übertragung auf Softwarearchitektur

So wie Gebäude diesen drei Prinzipien folgen, sollten auch digitale Systeme Firmitas, Utilitas und Venustas vereinen. Auch Software muss stabil laufen, mehrwertstiftende Funktionalität bieten und sie wird wahrgenommen – von Nutzenden, aber auch von Entwickelnden.

Firmitas – Stabilität und Dauerhaftigkeit

In der Softwarearchitektur bedeutet das: Dein System bleibt stabil – selbst unter Last oder im Fehlerfall. Oder es kann bei einem Ausfall schnell wiederhergestellt werden.

Das erreichst du z. B. durch:

Redundanz & Failover
≥ 2 Pods + Anti-Affinity über Zonen, shared Storage; PostgreSQL-Cluster mit Patroni

Fehlertoleranz
Timeouts, Retries, Bulkheads; Monitoring via Prometheus

Backup & Recovery
Snapshots mit Velero/pgBackRest, Infrastruktur über Terraform, pg_restore + DR-Tests

Monitoring & Self-Healing
Grafana/ELK-Kombi, Kubernetes-Restarts, Argo Rollouts, KEDA für Autoskalierung

Robuste APIs
Rückwärtskompatible REST/gRPC-Schnittstellen mit OpenAPI/Protobuf

Utilitas – Nutzen und Funktion

Architektur muss ihrem Zweck dienen.

Eine durchdachte Softwarearchitektur stellt sicher, dass die an sie gestellten Anforderungen erfüllt werden. Im Unterschied zu Gebäuden wird eine Software häufig angepasst, bzw. erweitert. D.h. die Architektur muss sicherstellen, dass dies wirtschaftlich erfolgen kann.

Das erreichst du z. B. durch:

Zweckorientierte Architektur
Muster, die Entwicklung & Wartung langfristig unterstützen

Modularität
Hexagonale Architektur oder Clean Architecture trennt Domäne und Technik

Domain-Driven Design (DDD)
Bounded Contexts, klare Serviceverantwortung

Skalierbarkeit
Event-Driven Microservices mit Kafka oder RabbitMQ

Konfigurierbarkeit
Feature Toggles (z. B. openfeature.dev), Plugin-Systeme

API-First
Stabile Schnittstellen, unabhängig deploybare Front- & Backends

Venustas – Attraktivität und Erlebnis

Gute Architektur spricht unsere Sinne an.
Im digitalen Raum zeigt sich das durch eine hohe Developer Experience (DX), klare Schnittstellen und verständlichen Code.

Das erreichst du z. B. durch:

Developer Experience (DX)
Strukturierter Code, gute Doku, konsistente Dev-Umgebungen

Konsistente APIs
REST/GraphQL, sprechende Endpoints, passende Granularität

Lesbarer Code
Linter, Formatter, Styleguides, Peer-Reviews

Modularität im Frontend
Micro-Frontends, Komponentenbibliotheken, Monorepos

UX-optimierte Backends
Backend-for-Frontend (BFF), GraphQL für clientspezifische Payloads

DX-Tools
Schnelle CI/CD-Pipelines, Docker-basierte Dev-Umgebungen

Fazit: Gute Architektur ist interdisziplinär

Auch wenn Gebäude und Software völlig unterschiedliche Dinge sind – gute Architektur bleibt interdisziplinär. Sie vereint Funktion, Stabilität und Ästhetik.

Frage dich bei jedem Architekturentwurf:
Lebt dein System Firmitas, Utilitas und Venustas?

https://de.wikipedia.org/wiki/Vitruv, 2.7.2025 ( ↩︎

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