Was ist eigentlich eine Verwaltungsschale – und was hat sie mit deinem Rucksack zu tun? Hier erfährst du, warum die AAS zum Must-have in der Industrie 4.0 wird.
Stell dir vor, du hast einen Lieblingsrucksack. Wie würdest du ihn digital beschreiben, damit jeder versteht, was er ist und kann? Fotos zeigen nicht alles. Was ist mit Farbe, Material oder dem aktuellen Inhalt?
Genau hier kommt die Verwaltungsschale (VWS), auch bekannt als Asset Administration Shell (AAS) ins Spiel. Sie ist wie ein digitaler Ausweis oder eine digitale Informationsmappe für irgendetwas. Egal ob es ein Sensor, eine Maschine in einer digitalen Fabrik oder eben dein Rucksack ist – die Verwaltungsschale sammelt alle wichtigen Infos darüber.
Was steckt in so einem „digitalen Ausweis“?
Für den Rucksack würden wir zum Beispiel hinterlegen:
Name: Rucksack „Abenteuerlust“
Hersteller: Wanderfreunde GmbH
Farbe: Tiefblau
Aktueller Inhalt (optional): Laptop, Brotdose (diese Infos könnten sich ständig aktualisieren).
Die Verwaltungsschale ist also nicht das Ding selbst, sondern die digitale Beschreibung davon. Sie teilt anderen Systemen oder Personen mit: „Hey, das ist mein Rucksack, und das sind seine Eigenschaften!“
Warum brauchen wir so einen „digitalen Ausweis“?
Wozu der Aufwand? Ganz einfach:
Alles auf einen Blick: In einer Industrie 4.0-Produktionsumgebung mit Hunderten von Maschinen ist der Überblick sonst schwer. Wann wurde welche Maschine gewartet? Welche Teile braucht sie? Die Verwaltungsschale macht diese Infos leicht zugänglich.
Bessere Kommunikation: Maschinen und Software-Systeme können über die Verwaltungsschale „miteinander sprechen“. Sie tauschen Infos automatisch aus – das , vereinfacht Prozesse enorm.
Vielseitigkeit: Egal, ob es um einen simplen Gegenstand oder eine komplexe Anlage geht – das Prinzip der Verwaltungsschale bleibt gleich. Sie ist ein universelles Konzept, um Dinge digital zu beschreiben – ein zentraler Baustein im (I)IoT.
Abgrenzung zum digitalen Zwilling
Ein digitaler Zwilling ist eine lebendige, digitale Kopie eines Objekts, die sich in Echtzeit mit dem echten Objekt synchronisiert. Wenn du eine neue Brotdose in den echten Rucksack steckst, weiß der digitale Zwilling das sofort.
Die Verwaltungsschale ist der Ausweis für diesen digitalen Zwilling. Sie ist die Struktur und der Rahmen, der alle Infos des digitalen Zwillings organisiert und bereitstellt. Ohne sie bleibt der digitale Zwilling ein Haufen unsortierter Daten.
Man könnte sagen: Der digitale Zwilling ist das komplette digitale Abbild eines Objekts. Die Verwaltungsschale ist die „Tafel“ oder das „Informationssystem“, auf der die wichtigsten Daten dieses digitalen Zwillings übersichtlich dargestellt werden, sodass andere Systeme und Menschen damit arbeiten können. Das macht die Nutzung des digitalen Zwillings kinderleicht, weil die relevanten Informationen klar strukturiert sind.
Wer definiert die Verwaltungsschale? Ist das ein etablierter Standard?
Die Verwaltungsschale ist ein etablierter und sich ständig weiterentwickelnder Standard, der hauptsächlich in Deutschland und Europa vorangetrieben wird. Die Definition und Weiterentwicklung erfolgt durch die Plattform Industrie 4.0 (eine Initiative der Bundesregierung) und wichtige Verbände und Organisationen wie dem VDMA (Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbau).
Das Konzept ist Teil des Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0).
Die Spezifikationen definieren unter anderem:
Wie eine Verwaltungsschale aufgebaut sein muss: Welche Informationen sie enthalten kann und in welchem Format (das sogenannte Metamodell).
Wie man auf die Infos zugreift: Welche Kommunikationswege und Schnittstellen genutzt werden, damit Systeme die Daten aus einer Verwaltungsschale auslesen oder schreiben können (APIs).
Ziel ist eine interoperable (also „miteinander sprechende“) Umgebung zu schaffen, in der Produkte, Maschinen und Fabriken digital kommunizieren können – unabhängig vom Hersteller.
Muss sich jedes (I)IoT-Projekt dieser Spezifikation widmen?
Der Einsatz der Verwaltungsschale ist besonders relevant und wertvoll in Szenarien, wo:
Hersteller- und branchenübergreifende Kommunikation nötig ist: Wenn verschiedene Maschinen oder Produkte von unterschiedlichen Herstellern miteinander „sprechen“ oder Daten austauschen sollen.
Ein langer Lebenszyklus des Produkts relevant ist: Wenn Informationen über ein Produkt von der Herstellung über den Betrieb bis zur Wartung und Entsorgung konsistent dokumentiert und zugänglich sein sollen.
Digitale Zwillinge in der Industrie 4.0 umgesetzt werden: Hier ist die Verwaltungsschale das Rückgrat für die standardisierte Beschreibung der Komponenten.
Komplexe Anlagen oder Prozesse digital abgebildet werden: Um den Überblick zu behalten und die Interaktion zu vereinfachen.
Beispiel:
Wenn du ein einfaches Smart-Home-Projekt hast, bei dem nur ein paar Geräte derselben Marke über eine App gesteuert werden, ist die Verwaltungsschale wahrscheinlich nicht notwendig. Der Hersteller hat dafür meist eigene, einfachere Kommunikationswege geschaffen.
Wenn du aber in einer Produktionshalle eine neue Maschine eines Herstellers A mit einer bestehenden Anlage von Hersteller B verbinden und deren Zustandsdaten zentral auswerten möchtest, dann entfaltet die Verwaltungsschale ihren echten Mehrwert. Sie sorgt dafür, dass die Maschine von Hersteller A ihre Daten in einem Format anbietet, das die Anlage von Hersteller B und das zentrale Steuerungssystem verstehen, auch wenn sie nie dafür konzipiert wurden, direkt miteinander zu arbeiten.
Kurz gesagt: Die AAS ist ein Schlüsselkonzept der Industrie 4.0 – ein mächtiges Werkzeug für Interoperabilität, Effizienz und Zukunftsfähigkeit in der digitalen Fabrik. Nicht jedes kleine IoT-Projekt benötigt ihren vollen Funktionsumfang, aber für die Vernetzung über Unternehmens- und Systemgrenzen hinweg wird sie zunehmend der Standard der Wahl.
Der Beitrag Asset Administration Shell (AAS) oder Verwaltungsschale (VWS) für Dummies erschien zuerst auf Business -Software- und IT-Blog – Wir gestalten digitale Wertschöpfung.